In der Münsterkirche Herford – erklang eine bewegende Matthäus-Passion von J.S. Bach

In der Münsterkirche Herford – erklang eine bewegende Matthäus-Passion von J. S. Bach

Neue Westfälische – Anna Mönks

Gelungene Aufführung der Matthäus-Passion in der Münsterkirche!

Der Münsterchor und der Kinder- und Jugendchor laden unterStefan Kagl zum Höhepunkt der Passionszeit und hinterlassen ein sichtlich berührtes Publikum.

Münsterkantor Stefan Kagl lud zu Bachs Matthäuspassion in die Münsterkirche. Der große Chor – eigentlich drei Chöre – entwickelte einen beeindruckenden Klang. Links oben im Bild verbirgt sich der Kinderchor, der seine anspruchsvolle Partie souverän und klangschön darbot. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach gehört zu den bewegendsten Werken der Musikgeschichte. Münsterkantor Stefan Kagl hat sie am Sonntagnachmittag in der Münsterkirche zur Aufführung gebracht. Möglich war dies durch die Zusammenarbeit des Herforder Münsterchores und des Kinder- und Jugendchores mit der Lemgoer Kirche St. Marien und den dortigen Chören unter der Leitung des Kantors Volker Jänig. Ergänzt durch das Ensemble für alte Musik „arcipelago“ und fünf hervorragende Solisten war es ein beeindruckendes Aufgebot, das im Altarraum und auf der Seitenempore der Münsterkirche Platz genommen hatte.

Mit fluffigem Tempo ging Kagl das Werk um das Leiden Christi an. Das brachte das kunstvolle Ineinandergreifen der drei Chöre (Doppelchor plus Kinderchor) besonders zur Geltung, zumal Kagl bei allem Tempo stets dem Nachhall Raum gab. Dem üppigen und vollen Chorklang gegenüber stand der fragile, silbrige Klang der historischen Instrumente. Eine reizvolle, wenngleich nicht ganz unproblematische Kombination.

Es war großartig, mit wie viel Verve der Chor diese Musik anging. Die Herausforderung der schnellen, kurzen Einwürfe („Herr, bin ich?s?“ „Lass ihn kreuzigen!“) darf nicht unterschätzt werden. Es bedarf einer gehörigen Portion Chuzpe, mit voller Stimme einzusetzen und nicht den Nachbarn singen zu lassen um sich dann unauffällig dranzuhängen. Stefan Kagl bereitete diese Einwürfe sorgfältig vor und nahm seine Sänger auf diese Weise mit. Sie dankten es ihm mit großem Klang. Wenn eine solche Menge „Barrabam!“ in das Kirchenschiff gellt, dann ist das beeindruckend.

Ergreifend: Evangelist Florian Feth (links) und Bassist (Jesus) Jörn Dopfner nahmen die Zuhörer mit. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Abgerundet wurde die Aufführung durch die Gesangssolisten: Sopranistin Uta Singer, (mit klarer Stimme), Altistin Vera Alkemade (wundervoll zentriert und warm im Klang) und Bassist Dieter Goffing (starke und volle Stimme). Tenor Florian Feth, überzeugte als Evangelist mit klaren und volltönenden Höhen und gab einen wunderbaren Erzähler,Jörn Dopfer, sang mit wohlig rundem Bass den Jesus und vermochte es, seine Partie derart lebendig zu gestalten, dass die Zuhörer das Leid beklemmend unmittelbar mitempfanden. Angst, Zweifel und Enttäuschung wie im Garten Gethsemane wurden auf diese Weise greifbar.

Der Klang der historischen Instrumente des Orchesters war eine faszinierende Ergänzung.

Am Taktstock: Stefan Kagl führte die Akteure mit Umsicht durch das Werk. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Am Ende schenkte Stefan Kagl dem Publikum die Stille. Nach dem Tod Jesu schien die Zeit anzuhalten, und auch der letzte Chor rührte mit seiner ruhigen Klarheit und dem schmerzlichen Vorhalt im Innersten. Der Schlusston verklang, die Münsterglocken läuteten, das Publikum erhob sich schweigend und ließ die Passion nachhallen. Ein bewegender Moment.

Zum ganzen Artikel der Neuen Westfälischen Zeitung!


Eine weitere Rezension von der Matthäus-Passion in St. Marien, Lemgo!

St. Marien Lemgo Matthäus Passion.jpg

Großaufgebot mit mehr als 200 Mitwirkenden: Zwei Chöre, zwei Orchester und fünf Solisten brillieren unter Leitung von Volker Jänig. Uta Singer und Vera Alkemade harmonieren in schwebender Transzendenz (vorn von links). (© Thomas Krügler)

Lemgo. Zu lang, zu opulent, zu theatralisch!“ – diesen Eindruck hatte in Lemgo niemand. So lautete jedoch die Kritik am Karfreitag 1727 in der Thomaskirche zu Leipzig, als Bachs Matthäus-Passion erstmals aufgeführt wurde.

Nach 100 Jahren Dornröschenschlaf wurde sie von Mendelssohn erneut wachgeküsst. Fast 300 Jahre nach ihrer Entstehung zählt Bachs Klangdichtung heute zum Wunder abendländischer Musik und berührt die Seelen weltweit.

In 68 Sätzen wird der Leidensweg Christi vom Abendmahl bis zur Kreuzigung vertont. Tod und Schmerz verschmelzen in getragener Melancholie und paaren sich mit tänzerischer Freude. Geradezu swingend kamen die rund 200 Musiker bei der Aufführung in St. Marien Lemgo daher: „Kommt, ihr Töchter, helft mir klagen.“ Das vitale Dirigat von Kantor Volker Jänig motivierte den tänzerischen Gestus und erzielte große Transparenz…..

Link zum Artikel:

http://www.lz.de/lippe/kultur/21738556_Getragene-Melancholie-und-taenzerische-Freude-vereinen-sich.html

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Herzliche Bach-Grüße

Volker

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6 Gedanken zu „In der Münsterkirche Herford – erklang eine bewegende Matthäus-Passion von J.S. Bach

  1. sommerk

    Danke lieber Volker,

    für die wunderbare Rezension der Matthäus-Passion aus dem Herforder Münster.

    Beeindruckt bin ich von dem Text:
    „Der Schlusston verklang, die Münsterglocken läuteten, das Publikum erhob sich schweigend und ließ die Passion nachhallen. Ein bewegender Moment.“

    Das ist wirklich ein wunderbarer Brauch, nach einem sakralen Oratorium zur Passionszeit, die Glocken zu hören und die Besucher schweigen und es ertönt kein Applaus. Somit ist die innere Einkehr zu dem eben Gehörten ein großartiger Augenblick des Schweigens.

    Wolfgang, wird an der Aufführung teilgenommen haben und uns etwas darüber berichten können?

    Herzliche Grüße an alle Bachfreunde

    Karin

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  2. margokata

    „Am Ende schenkte Stefan Kagl dem Publikum die Stille. Nach dem Tod Jesu schien die Zeit anzuhalten, und auch der letzte Chor rührte mit seiner ruhigen Klarheit und dem schmerzlichen Vorhalt im Innersten. Der Schlusston verklang, die Münsterglocken läuteten, das Publikum erhob sich schweigend und ließ die Passion nachhallen. Ein bewegender Moment.“

    Das sind die erhabensten Augenblicke eines Konzertes, die zur Andacht und zum in sich kehren führen. Der Widerhall dieser wundervollen Klänge noch in Körper, Geist und Seele zu spüren, läßt verstummen und fromm werden.
    Es ist schön, dass die Zuhörer in Münster das so verinnerlichen können.
    Danke für diese wundervolle Rezension, lieber Volker.

    Gefällt 2 Personen

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  3. wolfgang

    Lieber Volker,

    Eben noch hier – jetzt wieder in Bachcelona – und gleich Dein Bericht !!!

    Danke für Deinen Einsatz zu unserem Konzert !!!

    Zum schönen Bild in der ‚Neuen Westfälichen‘: Oben links vom Betrachter aus stand der Sopran I und vor allen Dingen der Kinderchor, der ja den Cantus Firmus bravös geleistet hat.

    Die Rezensentin hat vieles richtig gesehen. Vor allen Dingen hat sie den Mut jedes einzelnen Sängers/IN herausgestrichen, dabei zu sein und notengerecht im richtigen Augenblick einzusetzen, sich nicht auf den Nebenmann/Frau zu verlassen. Es ist doch ein schönes Gefühl, sich zu sagen: Meine Stimme war richtig und ganz wichtig!

    Und für mich waren diese Aufführungen noch weiterere RECHTE AUGENBLICKE: Endlich durfte ich mal das Hauptwerk der abendländisch-christlichen Musikkultur mitsingen.Schon immer hatte ich mich Bach verpflichtet gefühlt, aber dies war jetzt mein persönlicher Höhepunkt der Bach-Leidenschaft.

    Gruß

    Wolfgang

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  4. schulzdieter

    Eine großartige Rezension von einer Autorin, die sicherlich schon einmal als Chorsängerin mitgewirkt hat.

    Danke lieber Wolfgang für deinen Kommentar als Teilnehmer. Ich begrüße sehr, dass es so einen großartigen Schlusspunkt mit Glockengeläut und großer Stille gegeben hat.

    Grüße
    Dieter

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  5. Volker Autor

    Ich danke allen für die Kommentare.

    Du lieber Wolfgang, als Aktiver in den Aufführungen in Lemgo und Herford hast dir einen Traumwunsch erfüllen können, die Matthäus-Passion mitsingen zu können. Falls ich ebenfalls vor Ort gewesen wäre, hätte ich mich sofort mit daran beteiligt.

    Du hattest eine weitere Rezensions-Angabe aus Lemgo veröffentlicht, die ich sehr gerne hier wiedergeben möchte.

    Lippische Landeszeitung!

    Lemgo. Zu lang, zu opulent, zu theatralisch!“ – diesen Eindruck hatte in Lemgo niemand. So lautete jedoch die Kritik am Karfreitag 1727 in der Thomaskirche zu Leipzig, als Bachs Matthäus-Passion erstmals aufgeführt wurde.

    Nach 100 Jahren Dornröschenschlaf wurde sie von Mendelssohn erneut wachgeküsst. Fast 300 Jahre nach ihrer Entstehung zählt Bachs Klangdichtung heute zum Wunder abendländischer Musik und berührt die Seelen weltweit.

    In 68 Sätzen wird der Leidensweg Christi vom Abendmahl bis zur Kreuzigung vertont. Tod und Schmerz verschmelzen in getragener Melancholie und paaren sich mit tänzerischer Freude. Geradezu swingend kamen die rund 200 Musiker bei der Aufführung in St. Marien Lemgo daher: „Kommt, ihr Töchter, helft mir klagen.“ Das vitale Dirigat von Kantor Volker Jänig motivierte den tänzerischen Gestus und erzielte große Transparenz….

    Link zum Artikel:

    http://www.lz.de/lippe/kultur/21738556_Getragene-Melancholie-und-taenzerische-Freude-vereinen-sich.html

    Herzliche Grüße

    Volker

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