Aufführung der Matthäus Passion – BWV 244 – im „Palau de la Música Catalana,“ Barcelona, mit Licht und viel Schatten

Aufführung der Matthäus Passion – BWV 244 – im „Palau de la Música Catalana,“ Barcelona, mit Licht und viel Schatten!

                                        Palau de la Musica Catalana in Barcelona

Schon im Eingangschoral fehlten die Knabenstimmen mit dem Cantus firmus: „O Lamm Gottes unschuldig.“ Die schmalen Besetzungen der Chöre mit 8 Gesangs-Solisten gefallen mir absolut nicht. Wie viel Potential geht in den wunderbaren Chorälen verloren die sonst soviel Gehalt an Klangvolumen bieten können. In 27b; „Sind Blitze, sind Donner in Wolken verschwunden“ erlebte der Besucher fast ein Fiasko, es war kein Blitz und Donner zu hören und zu verspüren. In den herrlichen Arien vermisste man das unmittelbare Begleit-Instrument in der Nähe des Gesangs-Solisten, welches in der Ferne des Orchesters platziert ist und kaum zu vernehmen war.

An diesem Abend hat die Routine die Oberhand besessen und die Aufführung stark beeinflusst. Diese moderne Aufführungsform entspricht niemals der Bach´schen Aufführungspraxis, mit 8 Gesangs-Solisten dieses wunderschöne Werk zu Gehör zu bringen. Eine Unsitte, die schleunigst wieder abgestellt werden sollte. Recht sparsam im Dirigat leitete Paul McCreesh sein Orchester und seine Mitwirkenden.

Wie wohltuhend sind dagegen die Referenz-Aufnahmen aus der Vergangenheit zu sehen, die weiterhin uns in ihrer Aufführungsform zu begeistern und berühren vermögen.

Ich stelle mir oft die Frage, ob es an den finanziellen Gegebenheiten der heutigen Zeit liegt, dass ein Orchester und Chor in Mini-Format so ein gewaltiges Bach-Werk interpretiert? Die Eintrittspreise bewegen sich doch wie gewohnt in hohen Eintritts-Gebühren..!!

Anliegend ein Video – Mittschnitt aus Satz 68; mit dem Abschluss-Choral: „Wir setzen uns mit Tränen nieder“

Video recording from 10.04.2019 from the Palau de la Música
Catalana, Barcelona.

Cor I
Anna Dennis (soprano) – Anna Stéphany (mezzosoprano)
Nicholas Mulroy (tenor) – Evangelista  / James Newby (baríton) – Crist

Cor II
Mhairi Lawson (soprano) –  Helen Charlston (mezzosoprano)
Jeremy Budd (tenor) Stephan Loges (baix)

Gabrieli Consort & Players / Paul McCreesh (director)


Als „Isenheimer Altar“ wird der heute im „Musée d’Unterlinden in Colmar“ (Elsass) in drei Teilen getrennt ausgestellte Wandelaltar aus dem Antoniterkloster in Isenheim bezeichnet. Die Gemälde auf zwei festen und vier drehbaren Altar-Flügeln und auf dem Sockel sind das vermutlich in den Jahren 1506 bis 1515 geschaffene Hauptwerk von Matthias Grünewald und zugleich ein Hauptwerk deutscher Malerei.

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5 Gedanken zu „Aufführung der Matthäus Passion – BWV 244 – im „Palau de la Música Catalana,“ Barcelona, mit Licht und viel Schatten

  1. sommerk

    Danke lieber Volker,

    für deinen Konzertbericht aus Barcelona. Es gibt sie schon seit langer Zeit, die Diskussion um die Chorstärke bei Bach seinen geistlichen Werken. Ich möchte alle Interessierte auf einen Artikel in der Zeitschift „Concerto“ hinweisen, das ich als PDF zum Herunterladen in meinem Kommentar beifüge.

    Concerto: Bachs Chor: Die Leipziger Doktrin
    Eine Replik1
    Von Andrew Parrott

    Link: https://www.concerto-verlag.de/projekte/233_2529.pdf?fbclid=IwAR0rhurtdPucpW8qQWgAOtwi5VFs3rrimqz_lVox_sf3Aq7W7cvg8Ra908U

    Herzliche Grüße
    Karin

    Gefällt 3 Personen

    Antwort
  2. Volker Autor

    Danke liebe Karin,

    für deine Ausführungen, die bei mir auf fruchtbaren Boden fallen.

    Leider gibt es hierzu nur auf meiner Facebook-Seite eine lebhafte Diskussion, die ich hier ebenfalls allen Interessenten nicht vorenthalten möchte und sie veröffentliche!

    Ich wünsche allen ein schönes Wochenende.

    Herzliche Grüße
    Volker

    Gefällt 2 Personen

    Antwort
  3. Volker Autor

    Hier die Kommentare von Facebook wie folgt:

    Sebastian Küchler-Blessing

    Das dürfte (inkl. der Aufstellung von Chor vor den Instrumentalisten) dem Original aber ziemlich nahe kommen, abgesehen davon, dass nicht von der großen Orgel aus dirigiert wird (in diesem Fall klar: ein romantisches Instrument, gleichschwebend auf 440Hz gestimmt)…
    Da lohnt sicherlich folgende Lektüre:…

    Antworten · 1 Tag(e)
    Volker Hege

    Volker Hege Danke lieber Sebastian, ja die Lektüre ist großartig und sie beziehen sich auf die Besetzungsfragen des Chores zur Bach-Zeit. Diese Diskussion ist schon seit langen Jahren vorhanden und wird sicherlich aus Unkenntnis der damaligen Situation niemals zu klären sein.
    Bearbeiten oder löschen

    Sebastian Küchler-Blessing
    Volker Hege, Daher kommt aber die von dir monierte Besetzung im Palau…

    Antworten · 57 Min.
    Volker Hege

    Ja, Rifkin hat dies zelebriert und heute folgen sie ihm aus welchen Gründen auch immer, was mir absolut nicht gefällt mit diesen dünnen Stimmchen..!!

    Antworten · 55 Min.
    Helmut Kickton

    Ich habe bei vielen Ensembles den Eindruck, daß sie aus typischen „Solisten“ zusammengesetzt werden. Ensemblegesang ist eine ganz andere Nummer. Da braucht es Teamplayer, die sich in einen Gesamtklang einfügen. Und: es braucht einen Dirigenten, der selber eine fundierte Gesangsausbildung hat. Nach meinem Eindruck sind so einige „Spezialisten“ der Alten Musik eher Quereinsteiger. Geiger, Cembalisten, Cellisten. Bach schätzte anscheinend eine „gute starcke Stimme“, wie man in den Protokollen nachlesen kann. Ich trainiere mein Vokalquartett seit über 20 Jahren auf einen robusten und kräftigen Klang hin. Schallpegel in der ersten Reihe wie ein Sinfonieorchester, ich trage neben der Sopranistin immer Gehörschutz. Und der Sopran darf nicht zu dünn klingen. Hals weit und Kehle tief in der Höhe.

    https://youtu.be/u1656OFglXI

    Antworten · · 40 Min.
    Volker Hege

    Danke Helmut Kickton für Ihre Aussagen, die ich voll bestätige. Mir gefallen die heutigen Gewohnheiten nicht, weil sich jeder Cembalist, etc. der sich heute als Dirigent versucht, diese für mich ungute Praktik, einen schmalen Vokalchor zu präsentieren, ebenfalls ausübt.
    Ich halte 8 Stimmern für eine Matthäus-Passion Aufführung für zu klein besetzt. Wie ich in meiner Kritik bereits erwähnt habe, war die Ensemble-Leistung nicht besonders gut und alle Einzelstimmen wollten sich profilieren. Von einem homogenen Vokalgesang konnte nicht die Rede sein.

    Antworten · 27 Min.
    Volker Hege
    Diese Vokal-Besetzung von Kai Johannsen ist großartig und halte sie für ideal:
    J.S. Bach, Motette BWV 230 „Lobet den Herrn, alle Heiden“ | solistenensemble stimmkunst | Stiftsbarock Stuttgart (Konzertmeisterin: Christine Busch) | Leitung: Kay Johannsen …Mehr anzeigen
    YOUTUBE.COM
    J.S. Bach, Motette BWV 230…

    Link: https://youtu.be/44b-socZZNQ

    Gefällt 3 Personen

    Antwort
  4. Volker Autor

    Hier weitere Kommentare von Facebook:

    Helmut Kickton
    Bestallte Chordirigenten mit den entsprechenden Chören können es in ihrem Amt nicht wagen, eine solistische Chorpraxis zu etablieren. Wenn der heutige Thomaskantor da Versuche starten würde, mit einem Auswahlsolistenensemble eine Kantate zu bestreiten, das gäbe nach meiner Einschätzung Ärger mit dem Anstellungsträger und den Eltern. Darum machen es „freie“ Chorleiter. Die brauchen da keine Rücksichten zu nehmen. Aber das sind einzelne Projekte, wohl mit etwas gespanntem Budget. Um einen Vokalklang zu formen, da braucht ein Ensemble viel Zeit und jahrelange Kontinuität. Das Ergebnis kann man dann bei einigen erstklassigen Ensembles aus England hören. Leider ist die Zeit wohl für die vokal-instrumentale Kirchenmusik vorbei, um etwas entsprechendes aufzuziehen. Man hört immer mehr von finanziellen Nöten. :-

    Volker Hege

    Darum verstehe ich nicht den unbedingten Zwang von Dirigenten, diese Praxis, die nicht über ein fundiertes Vokalensemble verfügen, es so zu praktizieren.
    Jetzt verfolgt die J.S. Bach-Stiftung in St. Gallen ebenfalls diese Unsitte (Trend) und besetzt seinen großartigen Chor in einer kleinen Ausführung, die auf mich befremdend wirkt.
    Rifkin stellt seine persönliche Ansicht in den Raum, die nur teilweise zu belegen ist. Er praktizierte es dann als Erster und nun folgen ihm alle, weil dadurch viel Geld eingespart werden kann und es ein Trend ist, den sich alle nun zu Eigen machen wollen. Ich bewundere weiter die Kantoren, die trotz finanzieller Schwierigkeiten, weiter in gewohnter Form eine wunderbare Matthäus Passion zur Aufführung bringen…..

    Gefällt 4 Personen

    Antwort
  5. wschuen

    Danke lieber Volker, für deinen Bericht aus dem Palau in Barcelona. Schade das die Aufführung deinen Vorstellungen nicht entsprochen hat. Es ist leider heute ein Manko, dass die großen Ensemble nur noch mit einem Minichor auftreten und der großartigen Matthäus Passion nur noch bedingt eine exzellente Aufführung bieten können.  
    Liebe Grüße aus Stockholm
    Wolfgang Schuenemann

    Gefällt 1 Person

    Antwort

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