Sir John Eliot Gardiner – EBS und der Monteverdi Choir brillierten mit den Advents-Kantaten von J.S. Bach in der Philharmonie Berlin

Philharmonie Berlin Sir Gardiner mit Advents-Kantaten

 

J.S. Bach

Advents-Kantaten

in der

Philharmonie Berlin

am 6.12.2010

EBS und Monteverdi Choir.

Leitung: Sir John Eliot Gardiner

Programm:

Johann Sebastian Bach:

Eingang Philharmonie Berlin

 

Nun komm der Heiden Heiland BWV 61

Konzert für Violine und Oboe BWV 1060

Schwingt freudig euch empor BWV 36

Wachet! Betet! BWV 70

Als Zugabe: (Eingangs-Choral) „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 140

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Mit einer Verspätung von 10 Minuten kam unser ICE aus dem Kulturgebiet Ruhr2010 in Bielefeld um 08:50 Uhr an. Voll gepfropft mit Computer Freaks an ihrem Laptop und bimmelnden Handys erreichten wir nach einer problemlosen Anfahrt um ca. 11:30 Uhr unser Reiseziel Berlin-HBF. Die Orientierung zu unserem Hotel war in diesem riesigen HBF-Neubau nicht ganz einfach, aber erprobte Gardiner-Reise-Fans wissen auch mit solchen Situationen umzugehen. Quartier bezogen wir in einem sehr günstigen Mercure-Hotel – (die Buchung erfolgte schon im September) – unweit des Potsdamer Platzes. Hier fühlten wir uns heimisch und geborgen . Unser erster Tripp folgte zu Fuß vom Hotel über den Potsdamer Platz zur Philharmonie Berlin, ein Foto von dem „Scharoun-Gebäude“ sollte unbedingt für den Blog bei Tageslicht erfolgen und erreichten unser Ziel nach Einnahme eines Glühweines auf dem Weihnachtsmarkt an den Potsdamer-Platz-Accarden.

Weihnachtsmarkt am Potsdamer Platz Berlin im Hintergrund "Sony-Center"

Gegen Früh-Abend wollten wir unbedingt noch etwas Warmes in unseren Magen bekommen und stapften tapfer bei der Hundskälte Richtung Sony-Center. Wie es so schön der Zufall wollte, trafen wir dort auf „@Iris und @Karl-Heinz“ und konnten gemeinsam unser Essen in dem Brauhaus Lindenbräu dort in  einer gemütlichen Runde einnehmen.

Der anschließende gemeinsame Fußmarsch Richtung Philharmonie war ein Katzensprung von nicht ganz 10 Minuten und kamen dort eine halbe Stunde vor Konzertbeginn durchfrohren an und konnten uns in dem riesigen aber warmen Foyer entsprechend aufwärmen. Wunderbar, dass der kurzfristig angesagte Konzert-Besuch von @Wolfgang, mit seiner Tochter @Constanze, klappte, in trauter Runde fieberten wir nun dem Konzert entgegen. In der riesigen profanen Philharmonie war es nicht ganz einfach, die Ränge – Links und Rechts – auseinanderhalten zu können, die Beschilderung ist nicht sehr ergiebig und sollte eine eindeutigere Aussageform besitzen.

Nun war es soweit, unser erster Besuch des Karajan-Rattle-Musentempel zu bestaunen und Sir Gardiner einmal mit Kantaten – nicht in einer Kirche –  sondern in den heiligen Hallen der Philharmonie beiwohnen zu können, damit ging endlich ein langgehegter Traum in Erfüllung.

Unsere eingenommenen Plätze erwiesen sich bis zu Pause als nicht ganz glücklich gewählt, mit dem erklingen der 1. Advents-Kantate:

BWV 61 „Nun komm der Heiden Heiland“

kam das grazile und beim hauchzarten Singen vom Monteverdi Choir und English Baroque Soloists nur sehr bedingt hörbar an, die sehr große Entfernung zur Mitte des riesigen Raumes war ein großer Nachteil und mussten sehr genau hinhören, um akustisch alles mitzubekommen. Hier haben wir doch sehr den Kirchen-Hall vermisst, es klang ein wenig trocken und man fühlte sich nicht unbedingt mit eingebunden. Besser wurde es nach der Pause, wir wechselten in freie Plätze über näher am Ring des Geschehens gelegen und wurden dann total entschädigt, da erlebten wir  dann hautnah das Orchester, den Chor und die Gesangs-Solisten vom Feinsten, konnten John Eliot mit seiner unnachahmlichen Art einmal wieder aus allernächster Nähe bewundern und die Akustik war perfekt.

Bass - Jonathan Sells - in der Philharmonie Berlin

Die Kantate BWV 61 „Nun komm der Heiden Heiland“ komponierte Bach zu seiner Weimarer Zeit zum 1. Advent 1714. Herausgreifen möchte ich aus dieser Kantate Satz 4 mit dem Bass-Rezitativ: „Siehe ich stehe vor der Tür und klopfe an.“ Wunderbar, wie Gardiner sein Orchester auf dieses Anklopfen einstellt, die Pizzicato-Akkorde der Instrumente als ein Symbol des Anklopfens und Verharren, ob die Tür aufgetan wird, war traumhaft gelungen, ein großartiger Bassist: Jonathan Sells, sang Raumfüllend sein Anklopf-Rezitativ in einer bewundernswerten und überzeugenden Art. Hier wächst wieder ein Bass-Solist heran, dem in Zukunft eine großartige Karriere vorausgesagt werden kann. In der Statur erinnert er mich ein wenig an den SDG-Tenor: Mark Padmore..!!

Wie bereits im Vorfeld seiner Konzert-Programme für 2010 angekündigt, möchte Sir Gardiner einmal den Oboisten in seinem Orchester „Prof. Michael Niesemann“ mit Solo-Instrumentalwerke von

Prof. Michael Niesemann - Oboe - in der Philharmonie Berlin

Prof. Michael Niesemann - Oboe - in der Philharmonie Berlin

J.S. Bach besonders herausstellen. Bereits beim Bach-Fest 2010 in Köthen wurde dies bereits so glänzend umgesetzt. Nun wieder ein Highlight in der Philharmonie Berlin für „Michael Niesemann“ und für die 1. Geigerin: „Kati Debretzeni“ mit dem

„Konzert für Oboe und Violine, Streicher & Continuo c-Moll“ BWV 1060.

Dieses Werk entstand um 1719 in Köthen und Bach transkribierte dieses Konzert zwischen 1730-1733 in Leipzig für zwei Cembali, Streicher und Continuo. Nach den Aussagen seines Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach soll J.S. Bach die Violine gespielt haben sein Spiel war rein und durchdringend. Es entspricht einer Konzertform Vivaldis und hat einen beschwingten und dynamischen Inhalts-Stil, der von dem Oboisten Michael Niesemann und Kati Debretzeni zu einer großartigen Interpretation führte. Man mag fast urteilen, dass die Violinistin in ihrem Spiel im künstlerischen Ausdruck und mit der Geige einen so warmherzigen Ton erzeugt, was in der Vergangenheit so nicht zu beobachten war. Der künstlerische Leiter des Abends erwies sich als ein wahrer Kavalier und

Kati Debretzeni - 1.Violine (Konzertmeisterin von EBS)

blätterte ihr die Notenseiten um. Michael Niesemann ist ein Top-Oboist und entwickelte mit Kati eine Spielfreude, die das Publikum in seinen Bann zog, Herr Bach hätte seine hellste Freude an den beiden Künstlern gehabt. Frenetischer Applaus, der Scharoun-Bau bebte, bezeugte, dass ein grandioses Virtuosen-Paar ein Werk so bezaubernd und brillant umzusetzen weiss. Das war Können auf allerhöchstem Niveau..!!

Nach diesem nicht adventlichen-Zwischenspiel erklang die Kantate:

„Schwingt freudig euch empor“ BWV 36.

Diese Kantate wurde von J.S. Bach am 2. Dezember 1731 in Leipzig aufgeführt. Nach einer kürzeren Erstfassung als Kirchen-Kantate entstand wahrscheinlich mit Hilfe Picanders die heute geläufige zweiteilige Advents-Kantaten-Fassung, die mit einer tiefgreifenden Veränderung die Ankunft Jesu feiert. Der Evangelien-Text zum 1. Advent schildert nach Matthäus 21, 1-9 den Einzug Jesu in Jerusalem. Diese Kantate besitzt eine gewisse Ausnahmestellung. Anstelle von Rezitativen hat Bach in dieser Kantate solistische Choralbearbeitungen vorgenommen.

Ein Juwel besitzt diese Kantate in Teil zwei in Satz sieben mit der Sopran-Arie: „Auch mit gedämpften, schwachen Stimmen wird Gottes Majestät verehrt.“

In dieser verhalten gesungenen Sopran-Arie mit einer konzertierenden Geige zur Unterstützung wird im Mittelteil eine Echowirkung zwischen der Sängerin und Instrument erzeugt und als Bezeugung „Gottes Majestät“ verehrt. Das gelingt so herzzerreissend schön, das die Besucher faszinierend dies als einen wundersamen Glücksmoment erfassen, das ist wieder eine so unbeschreibliche Musik von Bach, die einem das Herz vor Glück zerspringen lässt. Die Sopranistin – Zoe Brown (der Name ist mir leider nicht bekannt, als Sängerinnen war „Zoe Brown“ oder „Katy Hill“ benannt worden, Danke an Jonny Sells für seine Rückmeldung und Klarstellung) – aus dem Monteverdi Choir zelebrierte diese Sopran-Arie auf wunderbarster Weise, ein Engels-Gesang pur, danke für diesen wunderbaren Glücksmoment, der uns voll getroffen hat…!!

Zu bewundern ist bei den Gesangs-Solisten vom Monteverdi Choir, dass alle Gesangs-Vorträge ohne eine Partitur vorgetragen wurden, das ist schon erstklassig zu nennen und als sehr nachahmenswert empfohlen, das sieht man sonst sehr sehr selten, aber diese Könner haben das verinnerlicht und besitzen das exzellente Format dafür. Wenn ich schon einmal bei den Lobpreisungen angelangt bin, möchte ich aber auch ein wenig verhaltende Kritik ausüben. Es ist bekannt, dass Sir Gardiner dem Nachwuchs eine Chance zum Singen und Weiterbildung anbietet. Aber, das stimmliche Volumen für so eine riesige Konzerthalle ist teilweise nicht vorhanden und lässt doch einige Wünsche aufkommen, diese solistischen Gesangsbeiträge von exzellenteren Sänger/innen vortragen zu lassen, die im Stimmvolumen dieses Manko nicht besitzen.

Nach diesen aufgeführten Werken wurde die Pause eingeläutet und unser Platzwechsel Richtung Ring-Mitte vorgenommen, diese neuen unbesetzten Plätze hatten wir uns während der Aufführung schon ins Visier genommen und sind voll dafür entschädigt worden, nah am Geschehen und eine exzellente Akustik – zum Genießen schön.

Nach der Pause:

Kantate: „Wachet! betet! betet! wachet!“ BWV 70

Trompete - Neil Brough

Diese Kantate komponierte J.S. Bach in Weimar, wo sie im Dezember 1716, für den 2. Advents-Sonntag bestimmt, aufgeführt wurde. In Leipzig ordnete Bach diese Kantate dem 26. Sonntag nach Trinitatis zu, wo sie erstmals am 21. November 1723 erklang. Die nunmehr zweiteilige Kantate handelt vom Ende der Welt und der Erwartung der Wiederkunft Christi. Nach einer Sinfonia und dem Eingangschor „Wachet! Betet“ rüttelt ein Bass-Accompagnato – (Accompagnato = ital. begleitet) – mit Trompete, Oboe, Streichern und Bc die verstockten Sünder wach.

Auf diese herrliche Kantate hatten wir uns so sehr gefreut, da ein Trompetenpart einfach das Salz in der Suppe ist. Der fantastisch blasende Neil Brough erwies sich wieder einmal als ein einsamer Könner in der Trompeten-Gilde, sein zurückhaltendes und dann wieder donnerndes Blasen war ein exzellenter Höhepunkt. In Satz zwei mit dem Bass-Rezitativ: „Erschrecket, ihr versotcketen Sünder“ wurde sein Trompeten-Part mit dem wunderbaren Gesang von Jonathan Sells zu einem weiteren Höhepunkt nach der Pause. Erstaunt ist der Besucher darüber, was für ein Potential der Monteverdi Choir an Neuankömmlingen besitzt. Jonathan Sells wirkte beim Bachfest 2010 in Leipzig bei der h-moll-Messe mit und war der Gesangs-Star  – neben den uns unbekannten Sopranistinen „Zoe Brown“ oder „Katy Hill“ – des Konzertes. In drei Bass-Partien des BWV 70 konnte Jonathan Sells sein Können offenbaren und ist ein Juwel in der Gardiner-Sanges-Gilde..!! Diese zweiteilige Kantate besaß absolutes Weltklasse-Niveau in der Interpretation von Gardiner und den wunderbar anzuhörenden English Baroque Soloists, die Choräle waren ebenso ein Highlight, da ist der Monteverdi Choir in der Ausführungsform einmalig, wie Gardiner sie fordert, ermuntert, piano oder kraftvoll auftrumpfend das ist die Meisterhand des Magiers „Sir John Eliot Gardiner“ der dem Text und der Musik seine Deutung und Form verleiht, das ist Kunst in Vollendung,was er so unübertrefflich zu meistern versteht. Bei seinem Dirigier-Stil ist alles in Bewegung, wenn es das Werk fordert, den Oberkörper weit vorgestreckt, wiegend in den Hüften und mitsingend fordert er dem Orchester und Chor alles ab, einfach wunderbar dieser Bach-Papst, wie ihn ein Zeitungs-Rezensent einmal titulierte, dem ist so und wir hoffen alle inständig, dass er trotz seiner anstehenden Auszeit in 2011 uns weiterhin als der geniale Bach-Interpret erhalten bleibt.

„Soli Deo Gloria“

Auf YouTube

gibt es ein Video von Gardiner-EBS und dem Monteverdi Choir mit dem BWV 70 als Eingangs-Satz zum Genießen schön..!!

Sir J.E. Gardiner zufrieden mit den Bach-Kantaten und einem enthusiastischen Publikum

Nach dem Ende brauste jubelnder Applaus auf der nicht enden wollte, das war ergreifend schön und ein wichtiges Zeugnis für alle Aufführenden, dass die Besucher mit den Werkswiedergaben von J.S. Bach einen Traum-Abend erleben durften. Ein glücklicher und strahlender John Eliot genoss es sichtlich, dass er wieder einmal die Herzen der Besucher mit seinen Protagonisten voll berühren konnte. Seine Bescheidenheit ist zu rühmen, den Vortritt lässt er seinen Künstlern zukommen und hält sich bescheiden im Hintergrund auf und freut sich mit ihnen, wenn der tosende Beifall ihnen zugute kommt.

Aus Dankbarkeit für diese Beifallsbekundung, schnellte er an sein Pult und brachte wiederum eine Bach-Kantate zu Gehör, die mit ihrem grandiosen Eingangs-Satz so faszinierend und ergreifend ist. Er lies den Eingangssatz vom

BWV 140 „Wachet auf ruft uns die Stimme“

erklingen, das war ein würdiger und berauschender Abschluss für einen unvergessenen und mitreissenden Konzertabend.

Ein gefälliges Video vom Sir:

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Ein weiteres aktuelles Video mit Gardiner aus Frankreich vom 4. und 5.12.2010

Link:

http://www.dailymotion.com/video/xg3wbj_week-end-j-s-bach-avec-sir-j-eliot-gardiner-dec-2010_music

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Es gibt weitere Rezensionen aus Berlin als PDF, nachstehende Links anklicken:

1. Link: Rezension WELT ONLINE Gardiner Berlin Adventskantaten

2. Link: Rezension DER TAGESSPIEGEL Berlin

3. Link: Rezension Kulturradio rbb

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Eine persönliche Anmerkung

und Danksagung für

Sir John Eliot Gardiner,

The English Baroque Soloists

und The Monteverdi Choir:

Aus Anlass des 10-järigen Bestehens von SDG und der Bach-Cantata-Pilgrimage 2000 führten sie das Sonder-Konzert am 6. Dezember 2010 in der Philharmonie Berlin auf. Es ist mehr als unanständig anzusehen, dass aus diesem Anlass keine Moderation und Würdigung für dieses großartige Bach-Projekt im Jahre 2000 in der Philharmonie Berlin vorgenommen wurde.

Wir kleine Blog-Gemeinschaft aus Deutschland möchten Ihnen Sir Gardiner und ihren Mitwirkenden auf diesem Wege herzlich dafür danken, dass Sie dieses großartige Bach-Projekt im Kalenderjahr 2000 verwirklicht haben. Uns ist bewusst, welche unsägliche Schwierigkeiten zu bewältigen waren, finanzielle Gründe, Künstler-Verpflichtungen, Austausch von Orchester-Mitglieder, Reisestrapazen und Proben in unterschiedlichen Kirchen, das ist einmalig und gilt unsere volle Bewunderung. Ein herzliches Danke für ihre anschließenden großartigen Konzerte in den Folgejahren in Deutschland die uns beglückt und bereichert haben..!!

Herzliche Grüße nach England von der

Blog-Gemeinschaft „Volkers Klassikseiten J.S. Bach“

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Herzliche Bach-Gardiner-Grüße

Volker

P.S.

Aus aktuellem Anlass habe ich die bereits abgegebenen Kommentare in diesem Beitrag mit hinterlegt.

Grüße Volker

22 Gedanken zu „Sir John Eliot Gardiner – EBS und der Monteverdi Choir brillierten mit den Advents-Kantaten von J.S. Bach in der Philharmonie Berlin

  1. martin

    Hallo Volker,

    vielen Dank für den mit Spannung erwarteten Bericht! Schön, dass Ihr ein so tolles Erlebnis hattet!

    Eine Frage zum Programm: Gab es irgendeinen Bezug zur Bach Cantata Pilgrimage abgesehen von der reinen Aufführung der Kantaten? Es war ja auf der Website so angekündigt.

    Zoe Brown ist übrigens eine der Auserwählten des Apprenticeship Scheme 2008-2009. Mit diesem Programm fördert Monteverdi hervorragende Nachwuchskünstler, die bereits ein hohes Niveau erreicht haben und mehrheitlich von den Cambdridge-Unisveritäten kommen, wo Gardiner seinerseit selbst studiert hat und den Chor dann auch gegründet hat.
    Hier ein Link zu einigen Kurzbiografien u.a. dem von Zoe Brown.

    Einen schönen Abend und schöne Grüsse,
    Martin

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  2. Volker Autor

    9. Dezember 2010 um 09:48

    Da hat der Rezensent ja aus dem Meister einen jungen Hüpfer gemacht! 150. Todesjahr in 2000? Obwohl die Rez. positiv ist, finde ich sie sowohl sprachlich als auch in Bezug auf die Werkkenntnis etwas flach.
    @Martin, Dir danke für´s ausfindig machen!!!
    Arktische Schneegrüße aus Essen
    Claudia

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  3. Volker Autor

    8. Dezember 2010 um 10:47

    Liebe Bach-Freunde!
    Es war wirklich ein besonderes vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für mich.
    Ich erlebte die Advents-Kantaten zum ersten Mal aus einer anderen Perspektive-, sowohl visuell in dem wunderschönen Raum, der mal nicht ‘Kirche’ war, dann mit einem disziplinierten, professionellen, doch insgesamt bescheiden aufgetretenem Ensemble:
    mit Solisten, die aus den Chor traten und auswendig-, und damit glaubhaft ihren Part sangen, einem Dirigenten, der die Bach-Kantaten in ihrer Aussage ernst nahm und somit all’ die vielen Schattierungen herausarbeitete, sodaß für jede Kantate ein kleines geistliches Drama entstand. Das schaffte Sir Gardiner mit federndem Körper und fein-gestischen Handbewegungen. Sein edles, dunkelgrünes Samtjacket zwang den Körper nicht ein, wie bei anderen Dirigenten, sondern tänzelte mit und ließ Bach entspannt quasi angelsächsig lässig ‘am Kaminfeuer’ entstehen.
    Nach der Pause hatte ich mich ja in die vierte Reihe der Philharmonie gesetzt und merkte immer wieder, das da Funken rübersprungen. Ich war sehr gerührt!

    Mit der gewählen Zugabe des Einganschores von BWV 140 ‘Wachet auf, ruft uns die Stimme’ war auch klar, daß das Ensmble nicht populistisch ‘einen auf Weihnachten machen’ muß, sondern Advent als Bußzeit begreift, in die Hörer noch zwei Wochen hineingestellt sind und mitwandern.
    Daneben konnte ich noch einige Internas in dem wunderbaren Raum mitbekommen, da Constanze mir viel von der Konzeption des Scharoun-Baus erzählte. Nach dem Aplaus reihte ich mich dann in den Katakomben in die Schar der Gardiner-Fans ein und sah ganz menschlich nah in entspannte engliche Musikanten-Gesichter, die ein Bier tranken und ihre Instrumente einpackten.
    Der Sir war aber leider verschwunden.

    Dafür traf ich im Foyer vorher und nachher auf den kleinen Kreis der schon abgebrühten Fans aus OWL.
    Volker wird bestimmt trotz des Fotografierverbots ein Bild unserer netten Runde gemacht haben.
    Am nächsten Tag konnte ich dann meinen Bücherbummel im Kulturkaufhaus Dussmann beginnen und dann weit ergiebiger als antiquarischen ‘Giro Berlino’ mit Hilfe des 48 Stunden-Tickets in S+U-Bahn, Doppeldecker-Bus und Tram bis abends durchführen.
    Schwer beladen kam ich dann mit dem ICE gut zurück nach OWL.
    Mit adventlichen Grüßen
    Wolfgang

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  4. barbara57

    Hallo Volker,
    da hattet Ihr einen sehr bewegenden Abend. Wie Du das Konzert schildertest, kamen bei mir die Erinnerungen an den Abend auf, an dem ich die Gardiner-Truppe zum zweiten Mal live erleben durfte – eben mit den Adventskantaten in Braunschweig vor einer Reihe von Jahren. Damals ein bewegender Abend für mich wie jetzt für Euch.
    Advent wird fühlbar.
    Lieben Gruß
    Barbara

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  5. Volker Autor

    Hallo Martin,

    allen vorab zur Kenntnis, ich habe alle bereits abgegebenen Kommentare zu diesem Beitrag mit angefügt da es sich um dieses Thema allgemein handelt.

    @Martin, deine Anfrage wollte ich noch in meinem Beitrag hinterlegt haben hatte es aber vergessen. Den guten Graf Schulenburg hatte ich während des Konzertes immer im Blickwinkel gehabt und war der Meinung, dass er als Konzert-Direktor von SDG-Braunschweiger-Land etwas zum Schluss an die Protagonisten und Besucher richten würde, das war eine Fehleinschätzung. Kein Sterbens-Wörtchen oder Statement zu Sir Gardiners 10-jährigen Jubiläum von der „SDG-Bach-Cantata-Pilgrimage-2000“ wurde abgegeben, das fand ich mehr als Peinlich und das im einzigen Sonder-Konzert aus diesem Anlass in Deutschland.

    Mir tat Sir J.E. Gardiner – EBS und der Monteverdi Choir richtig Leid, es herrschte absolute Funkstille, für die unsäglichen Mühen und Tatur die sie auf sich genommen haben für diese großartige Bach-Pilger-Tour 2000 – mussten anerkennende Worte unbedingt ausgesprochen werden, wie sagt man im Volksmund: „Undank ist der Welt Lohn“ das ist typisch wieder deutsch, mir fällt dazu nichts weiteres ein als dass, dass wir in unserem Blog das immer zu würdigen gewusst habe und wir uns anerkennend zu Sir Gardiner’s Auftritte und tollen Konzerte entsprechend enthusiastisch geäußert haben.

    Wir sind bekennende deutsche Sir Gardiner-Getreue und sagen auf diesem Wege noch einmal ein riesiges Dankeschön an alle SDG-Mitwirkenden, die uns so fantastisch die Bach-Musik zu vermitteln wissen und diese großartige Bach-Cantata-Pilgrimage 2000 mit den veröffentlichten SDG-CD’s mehr als zu bereichern wissen..!!

    Ich nehme an, das wird bei SDG in England angekommen sein und das wäre eine kleine Entschädigung für die Unterlassungs-Sünden in der Philharmonie Berlin am 6. Dezember 2010 für die unterbliebene Moderation, einfach Peinlich Peinlich…!!

    Grüße an alle Volker

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  6. Iris Budde

    Hallo, Volker,
    ich hatte die Webseite vom Sir so verstanden, dass eine Laudatio erst am 12.12. in London beim letzten Konzert (Adventskantaten) abgegeben wird. Trotzdem hätte Gardiner es mehr als verdient, mit seinen Musikerin in Berlin erwähnt zu werden. Von dem Konzert bin ich noch ganz hin und weg – die Landung ist noch nicht gelungen.
    Herzl. Gruss
    Iris

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  7. Ingo Wolff

    Das Konzert in der Berliner Philharmonie war für meine Frau und mich wieder eine Sternstunde der Bachkantaten-Interpretation. Den ausführlichen Berichten kann ich mich nur anschließen. Wir besuchen Konzerte mit dem Monteverdi-Choir und den English Baroque Soloists seit ca. 30 Jahren – angefangen hatte es in Göttingen mit Händel und Mozart. Vor 10 Jahren, während der Bach-Cantata-Pilgrimage, waren wir in der Michaeliskirche in Lüneburg. Dort wurden die Kantaten Wachet! Betet! Betet! Wachet! (BWV 70), Bereitet die Wege, bereitet die Bahn (BWV 132) und Herz und Mund und Tat und Leben (BWV 147) aufgeführt.
    Ich muss zugeben: zuerst war ich skeptisch – Bach-Kantaten in der großen Philharmonie, die ja leider nicht voll besetzt war. Aber nach dem Konzert muss ich sagen, es war die richtige Entscheidung der Veranstalter. Damals in der Michaeliskirche, ein großer norddeutscher Backsteinbau, gab es erhebliche Probleme mit der Akustik. NDR-Kultur hatte das Konzert live übertragen. Um dem Hall etwas zu begegnen, wurde um die Sänger vor dem Altar nach vorn offen ein größeres weißes Zelt gebaut. Aber das nur nebenbei.
    In der Philharmonie saßen wir in der 7. Reihe im Block A, der Klang war hervorragend und auch die Textverständlichkeit einwandfrei.
    Wir kommen aus dem „Braunschweiger Land“ und meiner Ansicht nach hätte es sehr gestört, wenn unser guter Graf im Anschluss noch eine Dankesrede gehalten hätte. Er ist kein besonderer Redner, hat aber ein großes Herz für die Musik und die ökologische Landwirtschaft. Da gibt es sicher auch Berührungspunkte zwischen ihm und J. E. Gardiner. Die Adventstimmung, die wohl alle Zuhörer erfasst hatte, wäre sicher sehr gestört worden.
    Ich bin mir sicher, dass nach dem Konzert im kleineren Kreis entsprechende Dankesworte gefallen sind.
    Mit bestem Gruß aus Wolfsburg, Ingo Wolff.

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  8. Volker Autor

    Die Frage nach der Sopranistin im BWV 36 Sopran-Arie: „Auch mit gedämpften, schwachen Stimmen wird Gottes Majestät verehrt.“
    ist aufgeklärt es sang diese wunderbare Sopran-Arie „Zoe Brown.“hierzu bekam ich eine Nachricht auf Facebook:

    Hallo Volker,
    Jonny Sells hat deinen Beitrag kommentiert.
    Jonny hat geschrieben: „Hi Volker, the soprano soloist Zoe Brown. Nice review!“

    Vielen Dank an Jonny Sells, der diese Unklarheit beseitigen konnte.

    @Martin, für deinen grandiosen Hinweis danke, wir haben immer gewusst, dass der Monteverdi Choir als der Welt-Klasse-Chor anzusehen ist nun haben wir die Bestätigung…!

    @Iris, der gleiche Hinweis von Monteverdi war auch für das Konzert in der Philharmonie Berlin hinterlegt worden:
    We celebrate with concerts of Bach Advent cantatas, which will include talks by John Eliot Gardiner, the musicians who took park in the year-long project, and audience members.
    —————————
    Hallo Herr Wolff,

    danke für ihren großartigen Kommentar. Nur ist das meine subjektive Meinung dazu, dass die Bach-Cantata-Pilgrimage 2000 in Deutschland begonnen wurde und es handelt sich um den größten deutschen Komponisten, da hätten ruhig öffentlich Dankesworte fallen können, dass hat Sir John Eliot Gardiner für dieses großartige Bach-Projekt mehr als verdient, ich fand das sehr unangemessen und hoffe, dass irgendwo noch Moderatoren zu finden sind, die den Dank aus Deutschland nach England übermitteln.

    Grüße Volker

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  9. Ingo Wolff

    Hallo Volker,

    ja, ein Dank ist überfällig. Man hätte diesen vielleicht vor dem Konzert von einem Bach-Experten wie Peter Wollny oder Christoph Wolff zum Ausdruck bringen können. Oder …. haben wir nicht einen Kultur-Staatsminister? Was macht der da eigentlich in Berlin? Na ja, etwas Spaß muss sein.

    Grüße Ingo.

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  10. Volker Autor

    Hallo Ingo,

    ja, das viel mir erst nach dem Kommentar ein, dass am Anfang des Konzert-Abend eine Laudatio hätte vorgenommen werden müssen. Hier dachte ich auch gezielt an Berliner oder Leipziger Würdenträger aber leider ist es dazu nicht gekommen. Nun hat Sir Gardiner ja seinen Extra-Preis in England entgegennehmen können:

    The Monteverdi Choir directed by Sir John Eliot Gardiner has won the Gramophone magazine contest for the best choir in the world.

    Dazu erhält man Interviews und nähere Angaben auf der Monteverdi-Webseite von SDG.
    Link: http://www.monteverdi.co.uk/news/

    Schönes Adventswochenende und Grüße Volker

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  11. Claudia

    So, zurück aus Dresden Danke an Dich Volker für den spannenden, umfangreichen Bericht und auch die Fotos. Der Sir hat ja wieder mal dafür gesorgt, dass der Muff und Staub aus jeder Ecke geblasen wird. Die Honorationes brauchen immer eine gesonderte Einladung, Spontanität ist nicht ihre Stärke, ich hätte an Sirs Stelle ein Extra Konzert in Moemoriam angesetzt, um die Umsetzung seiner Vision gebührend zu feiern, dann hätte er sich vor Wortbeiträgen und Beweihräucherungen nicht mehr retten können!
    Grüße, Claudia

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  12. Volker Autor

    Hallo Claudia,
    Du warst in Dresden, ein Konzertbesuch oder wegen dem Strietzel-Weihnachtsmarkt?

    Ein aktuelles Video mit Advents-Kantaten von Sir Gardiner, EBS und Monteverdi Choir aus Frankreich vom 4.12.2010 nachstehend anzusehen….

    Link:

    Un Week-end de musique baroque, dédié aux oeuvres de Bach:

    4 Décembre 2010:
    Répétion publique des English baroque soloists avec le Monterverdi Choir
    Concert des English baroque soloists avec le Monterverdi Choir

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  13. martin

    Hallo zusammen,

    am Sonntag abend hatte ich nach ziemlich verzögerter Anreise das grosse Vergnügen, das letzte diesjährige Konzert des Monteverdi Choirs und der English Baroque Soloists mit John Eliot Gardiner in der Londoner Cadogan Hall zu erleben.

    Da das Konzert am 21. Dezember auf BBC 3 gesendet wird, will ich nicht zuviel vorwegnehmen..

    Wie vorab angekündigt, wurde die mehr als dreistündige Veranstaltung (mit einer Pause von 20min in der Mitte des Programms) von Catherine Bott moderiert und war definitiv die Würdigung, die in Berlin offensichtlich gefehlt hat. Es kamen mehrere Beteiligte zu Wort und Gardiner erklärte ausführlich seine Hintergründe und die Abläufe dieser sehr besonderen Tour.

    Nachdem das Orchester und der Chor Platz genommen hatte begann sie mit ein paar allgemeinen Hinweisen zum Ablauf und zu den Regeln des Mitschnitts.
    Dann stellte sie nochmal speziell den Chor vor und gab bekannt, was natürlich viele schon wussten, nämlich dass der Monteverdi Choir vom Grammophone Magazine den Titel „Bester Chor“ der Welt“ erhalten hatte. An der Stelle war der erste mächtige Jubelapplaus vorm „Heimspielpublikum“ sicher.
    Sodann betrat John Eliot Gardiner die Bühne und eröffnete das Konzert nach einigen einführenden Fragen Catherine Botts mit der Kantate 61 „Nun komm der Heiden Heiland“.

    Den dann folgenden Verlauf könnt Ihr dann selbst im Radio hören..

    Die Solisten haben mich nicht alle überzeugt. Herausstellen kann man definitiv Johnny Sells, der mächtig Spass zu haben schien, Zoe Brown, die das Publikum mit ihren Einsätzen restlos mitriss und natürlich Peter Harvey, der leider nur in BWV 70 zum Einsatz kam und in jedem Tonfetzen bewies, warum er in der Branche zur absoluten Spitze der Bachinterpreten gehört.
    Die anderen Solisten haben es absolut verdient, im Monteverdi Apprenticeship Scheme zu sein und werden sicher noch an Volumen zulegen. Ich persönlich finde es gut, dass auch jungen Sängern eine Chance gegeben wird, sich in Spitzenensembles auf der Bühne zu beweisen.

    Am Ende wurden alle im Publikum ehemaligen Mitglieder des Monteverdi Choirs bzw. ehemalige Solisten auf die Bühne gebeten, um gemeinsam mit dem aktuellen Ensemble den Eingangschor von BWV 140 „Wachet auf ruft uns die Stimme“ zu singen. Unter anderem konnte ich Suzanne Flowers (Sopran), William Towers und Robin Tyson (beide Alt) wieder erkennen. Gardiners Frau Isabella sowie die Flötistin Rachel Beckett sangen ebenfalls mit.
    Gardiner begrüsste alle Ehemaligen sehr fröhlich. Es hatte am Schluss etwas von einer grossen Familienzusammenführung.

    Nach dem Ende des offiziellen Teils gab es noch eine Abschiedsparty für Julian Clarkson, der nach 35 Jahren als Sänger im Monteverdi Choir und anderen Ensembles seine aktive Sängerkarriere beendet, aber in Zukunft noch als Chor- und Orchestermanager für die Monteverdi Ensembles tätig sein wird, also als derjenige, der Chor und Orchester in Absprache mit JEG zusammenbucht.

    Das nur kurz als Einstimmung. Die Sendung lohnt wird sich jedenfalls lohnen!!

    Schöne Grüsse,
    Martin

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  14. Iris Budde

    Hallo, Martin,
    auf Deinen Bericht hatte ich mich gefreut! Schön, dass Du einen solchen Abend miterleben konntest. Du hättest ruhig noch viel mehr schreiben können; jetzt muss ich bis zum 21. warten … Dir eine gute Landung auf Nichtbachboden und viele gute Erinnerungen an das tolle Konzert.
    Herzl. Gruss
    Iris

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    Antwort
  15. Volker Autor

    Hallo Martin,

    dann wäre also der Weg nach London ergiebiger gewesen, anstatt einen Koffer in Berlin zu haben. Wenn ich das mitbekomme, dass Peter Harvey sogar seinen Auftritt im mitreissenden BWV 70 „Wachet! betet! hatte läuft mir das Wasser im Munde zusammen. War denn James Gilchrist nicht als Gast zu dem Konzert eingeladen? Kann ich mir nicht vorstellen oder er hatte einen eigenständigen Termin gehabt.
    Du konntest nun Zeuge eines würdigen Abschlusses für die SDG-Bach-Cantata-Pilgrimage 2000 Tour sein, was mir in Berlin absolut gegen den Strich gegangen ist, naja, wir erleben es auf BBC3 noch einmal nach, das ist wenigstens eine gute Botschaft von dir aus London.

    Die Sopranistin: Zoe Brown und Bassist Johnny Sells ist dir ebenfalls angenehm aufgefallen, sie waren in Berlin die Top-Gesangs-Solisten..!!

    Nun heisst es für dich wieder den grauen Alltag zu erleben, ich hoffe, Du zehrst noch tagelang von dem Erlebten.

    Herzliche Grüße in die Schweiz, Volker

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  16. martin

    Hallo zusammen,

    vielen Dank für die Kommentare.

    @Volker, es wurde von Catherine Bott erwähnt, dass etliche „Veteranen“ eingeladen waren, aber aufgrund eigener Engagements nicht kommen konnten. Der Dezember ist bei Musikern in diesem Fach immer der anstrengendste Monat des Jahres, da auf der ganzen Welt Weihnachtskonzerte, hauptsächlich mit Weihnachtsoratorium und Messias, stattfinden. Da die Mitglieder des Monteverdi Choirs und der English Baroque Soloists und die Solisten ja alle freischaffende Künstler sind, werden sich sicher alle sehr über die Einladung gefreut haben, sich aber letzten Endes für’s Geld verdienen entschieden haben.

    Schönen Tag und schöne Grüsse,
    Martin

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  17. martin

    Hallo zusammen,

    mit etwas Bedauern habe ich gehört, dass der Mitschnitt des Konzertes in der Cadogan Hall um einige Interviewbeiträge gekürzt wurde. Es scheint wohl (was ich nicht recht nachvollziehen kann) nicht so sehr viele Interessenten zu geben, die sich ohne auch nur einmal zu gähnen mit Begeisterung 3 Stunden Gardiner, Monteverdi Choir und English Baroque Soloists reinziehen…

    Erstmal noch die Übersicht der Mitwirkenden:

    Monteverdi Choir (* steht für Solist/in, ° steht für Teilnehmer/in am Apprenticeship Programme 2010/2011)

    Sopran
    Esther Brazil *
    Zoe Brown *
    Alison Hill
    Gwendolen Martin °
    Lucy Page
    Lucy Roberts
    Sung-Eun Seo °
    Katie Thomas
    Emma Walshe *

    Alt
    David Bates
    Heather Cairncross *
    Stephanie Guidera °
    Kate Symonds-Joy
    Raffaele Pe °
    Richard Wyn Roberts

    Tenor
    Peter Davoren *
    Edmund Hastings
    Graham Neal
    Alexander Sprague
    Gareth Treseder *°

    Bass
    Christopher Borrett
    Julian Clarkson
    Peter Harvey *
    Edmund Saddington °
    Jonathan Sells *
    Lawrence Wallington

    The English Baroque Soloists
    Violins
    Kati Debretzeni
    Lucy Russell
    Claire Duff
    Ingrid Lindstroem
    Stephen Pedder
    Foskien Kooistra
    Hakan Wikstrom
    Hildburg WIlliams
    Emily Dupere

    Violas
    Tom Dunn
    Lisa Cochrane
    Aliye Cornish
    Maria Ramirez

    Cellos
    Olaf Reimers
    Ruth Alford

    Double Bass
    Valerie Botwright

    Flute
    Rachel Beckett

    Oboes
    Michael Niesemann
    Joseph Domenech
    Leo Duarte

    Bassoon
    Gyoergyi Farkas

    Trumpet
    Neil Brough

    Organ
    James Johnstone

    Hapsichord
    Robert Howarth

    Wenn man die Programme der letzten Jahre betrachtet, fällt auf, dass es viele neue Mitglieder in beiden Ensembles gibt und eine deutliche Verjüngung durchgeführt wurde, was glücklicherweise nicht zu Lasten der Chorqualität geht. Zu den Solisten habe ich mich ja schon geäussert..

    An besagtem Abend kamen wie gesagt einige bei der BCP involvierte Musiker zu Wort, sowie ein mit JEG eng befreundeter Farmer, der das Projekt mit begleitet hat.

    Der sicher lustigste Beitrag kam von Oboist Michael Niesemann, der erzählte, dass er in einem Konzert einen sehr langen Solopart zu spielen hatte und dass sich nach einigen Vorbeiflügen (die er dem Publikum auch akustisch mit einem an- und abschwellenden bsssssssssssssss erläuterte;-)) ein äusserst grosses Insekt auf seiner Wange niederliess. Dazu kam, dass gerade diese Wange an diesem Wochenende von einem ziemlich barocken Problem geplagt war – Zahnschmerzen.
    Natürlich konnte er nicht einfach aufhören zu spielen, um das Viech zu verscheuchen. Es war aber wohl recht friedlich und schien die Klänge der Oboe zu mögen, so dass nichts weiter passierte.

    Die Flötistin Rachel Beckett wurde, bevor sie die Eingangsarie von BWV 151 spielen sollte, gefragt, ob denn Bach ein Flötengefälliger Komponist sei, oder ob sie manchmal beim Aufschlagen der Partitur denken würde „Mein Gott, wo soll ich denn da atmen?“ Trockene kurze Antwort: „Das denke ich immer!“ Gelächter im Publikum.. Sie erklärte aber auch, dass Bach immer etwas Interpretationsspielraum lässt, den man dann in Absprache mit JEG findet und nutzt.

    Zoe Brown erklärte ausführlich die Vorteile des Apprenticeship Schemes, was es jungen, gerade fertig studierten Sänger/innen ermöglicht, unter Anleitung Praxiserfahrung in einem Top-Ensemble zu sammeln. Gardiner ergänzte auch, dass das Musikgeschäft sehr hart sei und man so talentierten jungen Musiker eine Atempause verschafft, bevor sie nach einem Jahr wieder für sich selbst zuständig sind. Manche freilich bleiben Mitglieder der Monteverdi-Ensembles. In der Zeit des Apprenticeships erhalten sie qualifizierte Weiterbildungen von Stimmbildung über Aufführungspraxis und Organisation bis hin zu Yoga. Jedem Apprentice wird ein erfahrener Sänger oder eine Sängerin aus dem Monteverdi Choir als Mentor zur Seite gestellt, um die Entwicklung zu unterstützen.

    Sicher war es gut, dass das Programm mal in London vor so breitem Publikum erwähnt wurde, denn es hat Unterstützung verdient. Etliche namhafte Solisten hatten ihren Start im Monteverdi Choir. Und sicher werden in Zukunft noch weitere folgen.

    Peter Harvey wurde vor seinem Auftritt in BWV 70 noch ausführlich befragt. Die erste Frage war die nach der Anzahl der Pilgrimage Konzerte. Er vermutete, dass er ca. ein Drittel gemacht hat. Gardiner unterbrach und meinte, es müssten eigentlich viel mehr gewesen sein, bis jemand aus dem Publikum die Anzahl rief und alle lachten. Leider habe ich nicht mitbekommen, wie viele Konzerte es waren. Und da es ja noch einige Konzerte gegeben hat, die nicht aufgenommen wurden, ist das wohl auch nicht mehr nachvollziehbar. Unter anderem erzählte er dann noch vom Favoriten seiner etlichen Konzerte, nämlich dem Konzert in Leipzig nach Weihnachten. Er meinte, dass es einfach unglaublich sei, wie viel Einsamkeit Bach in die zentrale Arie der Kantate „Liebster Immanuel, Herzog der Frommen“ hineinkomponiert hat.

    In allen Interviews schienen die herausragenden Konzerte der BCP die in Weimar (zu Beginn der BCP an Weihnachten 1999), in Leipzig nach Weihnachten und später im Jahr, sowie das Konzert an Bachs Todestag in der kleinen Kapelle auf der Insel Iona in Schottland gewesen zu sein. In Iona gab es keine Aufzeichnung, so dass das Konzert, das Aufführende und Zuhörende zu Tränen gerührt hat, nur in der Erinnerung der damals anwesenden weiterlebt.

    Auch die logistischen Herausforderungen kamen zur Sprache. Die gesamte Pilgerreise wurde ab ca. vier Jahre vorher geplant, als die Deutsche Grammphon noch plante, sämtliche Konzerte mitzuschneiden. Dies wurde wie bekannt kurz vorher abgesagt, jedoch äusserte sich Gardiner sehr dankbar, dass die DG dem Projekt dennoch Unterstützung zusagte und das auch einhielt. So war es dann möglich, sämtliche Konzerte und die Generalproben aufzuzeichnen die Aufnahmen zu archivieren. Isabella Gardiner sass während der Konzerte im Aufzeichungswagen und überwachte die Qualität der Mitschnitte. Wie wir inzwischen gemerkt haben, hat sie einen sehr guten Job gemacht!!..
    Gardiner brachte dann die Sprache noch auf die drei Teams aus Musikern, die bis auf einige Sonderfälle die Pilgrimage bestritten. Drei Teams wurden deshalb geblidet, weil alle Musiker ja freischaffende Künstler sind und er ihnen die Chance geben wollte, auch andere Engagements wahrzunehmen. Es widerspricht ja auch der Philosophie der Monteverdi Ensembles e i n festes Ensemble zu haben. Dennoch sagte Gardiner, dass es manchmal schwierig gewesen sei, denn gerade, wenn man nach drei gemeinsamen Programmen das Gefühl hatte, dass man Spitzenqualität aufführte, dann kam wieder die Rotation.
    Auch der logistische Höhepunkt war wohl das Konzert auf Iona. Das zweite Konzert dort, wurde am Freitag am späten Morgen aufgeführt. Ein Helikopter wartete nach dem Konzert auf Gardiner, seine Frau und einen Solisten, um sie zum nächsten Flughafen zu bringen, von wo aus sie weiter nach Deutschland flogen, wo bereits die nächste Crew von Chor und Orchester sich auf die Konzerte des selben Wochenendes vorbereitete.

    Vor Beginn der Veranstaltung und in der Pause konnte man noch Lose kaufen, mit denen man die Chance auf den Gewinn von einen von zwei iPods hatte, die zwischen letzter Kantate und Zugabe ausgelost wurden. Gezogen wurden die Gewinner von Julian Clarkson, der wie bereits geschrieben an diesem Abend sein letztes Konzert als aktives Mitglied des Monteverdi Choirs bestritt.

    Ich hoffe, ich konnte alle wesentlichen Eindrücke wiedergeben, wünsche allen viel Freude beim Anhören des BBC Mitschnitts und wünsche allen ein frohes und schönes Weihnachtsfest!

    Schöne Grüsse
    Martin

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  18. Volker Autor

    Lieber Martin,

    wunderbar, dass Du dir die Mühe gemacht hast und uns einiges im Wortlaut aus dem nicht gesendeten Konzert auf BBC3 in deinem Kommentar wiedergegeben hast. So können wir aufgrund deiner Schilderungen uns in das gegebene Konzert hineinversetzten und alle Neuigkeiten gierig aufnehmen. Es ist immer für einen Außenstehenden interessant, aus dem Umfeld von SDG-UK einmal das Umfeld präsentiert zu bekommen. Danke danke..!!

    Das vor Tagen gegebene Interview von Sir Gardiner in NDR-Kultur war sehr ergiebig, da wurden alle Facetten der Bach-Pilgertuor 2000 angesprochen. Auch da kam im Gespräch heraus, dass sich zwar die DGG aus dem Projekt sechs Monate vor dem Start der Pilgrimage 2000 verabschiedet hat, aber eine finanzielle Zusage und Aufnahmetechniken für die Proben zur Verfügung gestellt hat worüber Sir Gardiner sehr froh gewesen war, dass das alles eingehalten wurde.
    Des weiteren folgt vom Sir die Aussage, dass er an dem Bach-Buch arbeiten will und es endlich fertig erstellt wird. Ich bin einmal gespannt, wann es endlich soweit sein wird und es in den Handel kommt.
    Das Konzert auf Iona – (zum Todestag von J.S. Bach gegeben) – muss für alle Beteiligten, trotz aller Widrigkeiten, Emotional eines d e r Konzerte während der Pilgrimage-Tour gewesen sein. Sicher hat ein jeder Teilnehmer von EBS und dem Monteverdi Choir seinen eigenen Favoriten was Du mit der Schilderung von Peter Harvey so großartig wiedergegeben hast.

    Ich wünsche dir ein besinnliches und wunderbares Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2011.

    Liebe Grüße in die Schweiz
    von Volker

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