Schlagwort-Archive: Schübler-Choräle

J.S. Bach – Kantate BWV 10 „Meine Seel erhebt den Herren“ (Ton Koopman)


J.S. Bach – Kantate BWV 10 „Meine Seel erhebt den Herren“ (Ton Koopman)


J.S. Bach – Kantate BWV 10 „Meine Seel erhebt den Herren“ Kantate für das Fest Mariä Heimsuchung!

„Meine Seel erhebt den Herren“ (BWV 10) ist eine Kirchen-Kantate von Johann Sebastian Bach. Er komponierte sie 1724 in Leipzig für das Fest Mariä Heimsuchung, das am 2. Juli begangen wird. Es ist die fünfte Kantate seines zweiten Jahreszyklus von Kantaten, in dem er Choralkantaten schrieb, doch beruht sie nicht auf einem Choral, sondern auf dem Gregorianischen Gesang Magnificat.

Ein unbekannter Dichter legte das Deutsche Magnificat seinem Text zugrunde und ergänzte es um die Doxologie, wie sie in Vespergottesdiensten die Gesänge abschließt. Bach benutzte nicht nur den Text des Magnificat, sondern auch dessen traditionellen 9. Psalmton des Gregorianischen Chorals, der in Leipzig in der Vesper regelmäßig im Satz von Johann Hermann Schein gesungen wurde. Bach hatte bereits das lateinische Magnificat im Vorjahr gesetzt und es, angereichert mit vier weihnachtlichen Einlagesätzen, in der Weihnachtsvesper aufgeführt.

Er führte die Kantate noch einmal in den 1740er-Jahren auf.

Die Kantate ist gesetzt für vier Solisten, Sopran, Alt, Tenor und Bass, vierstimmigen Chor, Trompete, zwei Oboen, zwei Violinen, Viola und Basso continuo. Die Trompete dient ausschließlich der Verstärkung des cantus firmus und war möglicherweise eine tromba da tirarsi, eine Zugtrompete.

  1. Coro: Meine Seel erhebt den Herren
  2. Aria (Sopran): Herr, der du stark und mächtig bist
  3. Recitativo (Tenor): Des Höchsten Güt und Treu
  4. Aria (Bass): Gewaltige stößt Gott vom Stuhl
  5. Duetto (Alt, Tenor) Choral: Er denket der Barmherzigkeit
  6. Recitativo (Tenor): Was Gott den Vätern alter Zeiten
  7. Choral: Lob und Preis sei Gott dem Vater

Der Eingangschor beginnt mit einer instrumentalen Einleitung, die vom Psalmton unabhängig ist. Die Violinen, verdoppelt von den Oboen, spielen im Trio mit dem continuo, die Viola füllt die Harmonie. Die Choralphantasie ist „vivace“ überschrieben, ihr Hauptmotiv steht für Freude und wird in aufsteigender Bewegung entwickelt. Der Chor setzt nach zwölf Takten ein mit dem cantus firmus im Sopran, von der Trompete verstärkt, während die tiefen Stimmen in freier Polyphonie Motive der Einleitung aufnehmen.

Bach behandelt den zweiten Vers ähnlich, doch liegt nun der cantus firmus im Alt, da der Text „Denn er hat seine elende Magd angesehen“ von der Niedrigkeit spricht. Der Satz schließt mit einem Chorsatz ohne den cantus firmus, eingebettet in die Musik der Einleitung, die damit den Satz rahmt.

Die Sopran-Arie ist ein Konzert der Stimme mit den Oboen, begleitet von den Streichern. Das folgende Rezitativ leitet als Arioso zur Bass-Arie über, die nur vom continuo begleitet wird. In Satz 5 kehrt der Text zum Deutschen Magnificat zurück, und in der Musik erklingt wieder der Psalmton, diesmal instrumental in den Oboen und der Trompete, während Alt und Tenor imitierend duettieren. Bach schrieb diesen Satz später um als einen seiner Schübler-Choräle, BWV 648.

Das Rezitativ, das Gottes Verheißung an die Vorväter anspricht, beginnt secco, doch auf die Worte „Sein Same musste sich so sehr wie Sand am Meer und Stern am Firmament ausbreiten, der Heiland ward geboren“, setzen die Streicher ein und geben der Erfüllung der Verheißung Nachdruck. Im letzten Satz sind die beiden Verse der Doxologie vierstimmig auf den Psalmton gesetzt, von allen Instrumenten colla parte begleitet.

Ausführende:

Deborah York, Sopran
Bogna Bartosz, Alt
Jörg Dürmüller, Tenor
Klaus Mertens, Bass

Amsterdam Baroque Orchestra & Choir
Ton Koopman, Leitung und Orgelpositiv
Aufführung zum Bachfest Leipzig 2003 / Live aus der Thomaskirche Leipzig
—————————–

J.S. Bach – Cantata BWV 10 „Meine Seel erhebt den Herren“ („My soul raises the Lord“)
Cantata for the Feast of the Visitation of the Virgin Mary!

„Meine Seel erhebt den Herren“ („My soul raises the Lord“) (BWV 10) is a cantata of the church of Johann Sebastian Bach. He composed it in 1724 in Leipzig for the feast of the Visitation, which is celebrated on 2 July. It is the fifth cantata of his second cycle of cantatas in which he wrote choral cantatas, but it is not based on a chorale, but on the Gregorian chant Magnificat.

An unknown poet based the German Magnificat on his text and added to it the doxology, as it concludes the Vespers in the Vespers. Bach used not only the text of the Magnificat, but also his traditional 9th ​​Psalmton of the Gregorian chant, which was regularly sung in Leipzig in the Vespers in the sentence of Johann Hermann Schein. Bach had already set the Latin Magnificat in the previous year and added it, enriched with four Christmas insert sets, in the Christmas Vespers.

He performed the cantata again in the 1740s.

The cantata is set for four soloists, soprano, alto, tenor and bass, four-part choir, trumpet, two oboes, two violins, viola and basso continuo. The trumpet is exclusively for the reinforcement of the cantus firmus and was possibly a tromba da tirarsi, a trumpet.

  1. Coro: My soul raises the Lord
  2. Aria (soprano): Lord, you are strong and powerful
  3. Recitativo (Tenor): The Highest Good and Faithful
    4th Aria (bass): Powerful pushes God from the chair
  4. Duetto (alto, tenor) Chorale: He thinks of mercy
  5. Recitative (Tenor): What God the fathers of old times
  6. Chorale: Praise and praise be to God the Father

The introductory choir begins with an instrumental introduction that is independent of the psalm sound. The violins, doubled by the oboes, play in the trio with the continuo, the viola fills the harmony. The chorale fantasy is overwritten „vivace“, its main theme is joy and is developed in ascending motion. After twelve bars the choir starts with the cantus firmus in the soprano, reinforced by the trumpet, while the deep voices in free polyphony pick up motifs of the introduction.

Bach treats the second verse in a similar way, but now the cantus firmus is in the alto, because the text „For he looked upon his miserable maid“ speaks of the baseness. The movement concludes with a choral movement without the cantus firmus, embedded in the music of the introduction framing the movement with it.

The soprano aria is a concert of the voice with the oboes, accompanied by the strings. The following recitative leads as Arioso to the bass aria, which is only accompanied by the continuo. In sentence 5, the text returns to the German Magnificat, and in the music again the psalm sound is heard, this time instrumental in the oboes and the trumpet, while alto and tenor duet imitatingly. Bach later rewrote this movement as one of his Schübler chorales, BWV 648.

The recitative, which appeals to God’s promise to the forefathers, begins secco, but to the words „His seed had to spread as much as sand by the sea and star in the firmament, the Savior was born,“ set in the strings and give the fulfillment of the Promise reprint. In the last movement, the two verses of doxology are set in four parts to the psalm sound, accompanied by all the instruments colla parte.

Performed by:

Deborah York, soprano
Bogna Bartosz, alt
Jörg Dürmüller, tenor
Klaus Mertens, bass

Amsterdam Baroque Orchestra & Choir
Ton Koopman, conductor and organ positive
Performing at the Bachfest Leipzig 2003 / Live from the Thomaskirche Leipzig
———————-

Werbung

Die französische Organistin – Marie-Claire Alain – verstarb in der Nacht auf den 26. Februar im Alter von 86 Jahren



Eine traurige Mitteilung für alle Orgelfreunde(innen) !!

Marie-Claire Alain R.I.P franz. Organistin

Marie-Claire Alain R.I.P franz. Organistin

In der Nacht vom 25.2. 2013 auf den 26.2.2013 verstarb die großartige französische Organistin und Musikpädagogin

Marie-Claire Alian

im Alter von 86 Jahren in Paris.

Marie-Claire Alain am 10. August 1926 in Saint-Germain-en-Laye bei Paris geboren. Ihr Vater war der Organist und Komponist Albert Alain.

Komponist Jehan Alain war ihr Bruder. Alain studierte Orgel am Pariser Konservatorium bei Marcel Dupré, wo sie viele Preise gewonnen hat. Sie studierte auch Harmonie bei Maurice Duruflé. Später studierte sie bei Gaston Litaize.

Marie-Claire Alain (* 10. August 1926 in Saint-Germain-en-Laye; † 26. Februar 2013 in Paris) ist eine französische Organistin und Musikpädagogin.

Marie-Claire Alain entstammt einer Musikerfamilie in Saint-Germain-en-Laye bei Paris. Ihr Vater war der Komponist und Organist Albert Alain, ihre Geschwister die Komponisten und Organisten Olivier (1918–1994) und Jehan Alain (1911–1940). Sie studierte am Conservatoire de Paris in der Orgelklasse von Marcel Dupré, sowie Klavier bei Yves Nat, der ihr zu Orgel riet, da sie „Organistenhände“ habe. Sie schloss ihre Studien mit mehreren ersten Preisen ab.

Als Konzertorganistin spielte sie weltweit mehr als 2.000 Konzerte. Ihre über 260 Einspielungen umfassen Orgelwerke von Johann Sebastian BachDietrich BuxtehudeNicolaus BruhnsGeorg Böhm,  François CouperinNicolas de GrignyLouis-Claude DaquinJohann Pachelbel,  Felix Mendelssohn Bartholdy,  César Franck,  Jehan Alain, sowie die Orgelkonzerte von Francis PoulencGeorg Friedrich Händel,  Carl Philipp Emanuel Bach,  Joseph Haydn,  Wolfgang Amadeus Mozart und Antonio Vivaldi. Darunter sind viele Gesamteinspielungen. Die gesamten Orgelwerke J. S. Bachs spielte sie allein dreimal ein die von Bach-Kennern sehr geschätzt werden.

Die von mir vorgestellte deutsche Organistin „Elisabeth Rohloff“ studierte französische Orgelmusik bei Marie-Claire Alain in Paris. Der Dozent an der HfM Detmold –  Tomasz Adam Nowak – war ebenfalls ihr Schüler.

In Gedenken an Marie-Claire Alain spielt sie aus den Schübler Chorälen No 6 – BWV 645:

„Wachet auf ruft uns die Stimme“

—————————————————————

Ein weiteres Orgel-Video

J.S. Bach

Eine musikalische Reise durch Bach’s barocke Europa mit der Organistin – Marie-Claire Alain.

——————————————————————————————————-

Traurige Grüße

Volker

Einhundert Jahre Lambarene – In Memoriam: Albert Schweitzer-Jahr 2013 mit Historischen Orgel-Konzerten


Albert Schweitzer (1875-1965)

Albert Schweitzer (1875-1965)

Liebe Orgelfreunde(innen),

unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit

finden im Kalenderjahr 2013 zahlreiche historische Orgel-Konzerte statt aus Anlass zum 100-jährigen Spital-Bestehen von Lambaréné (Gabun, Zentral-Afrika), welches von Albert Schweitzer 1913 als Spital in Lambaréné gegründet worden ist.

Das Jubiläum des Lambaréné-Spitals wurde in 2013 zu einem Albert-Schweitzer-Jahr 2013 der Kirchen- und Orgelmusik ausgerufen. Fast 200 musikalische Andachten, Orgelkonzerte, Gottesdienste und Meditationen finden im Kalenderjahr 2013 in Europa statt. In allen beteiligten Kirchen hatte der spätere Friedensnobelpreisträger (1875-1965) selber öffentlich konzertiert. Die eingehenden Spenden innerhalb der Konzerte gehen an die Albert-Schweitzer-Lambaréné-Stiftung.

Die Sanierungskosten des 1913 von Schweitzer gegründeten Spitals werden auf bis zu fünf Millionen Euro geschätzt. 90 Prozent davon sind nach Angaben des Deutschen Hilfsvereins Albert-Schweitzer-Spital Lambarene noch nicht gedeckt. Der Verein mit Sitz in Frankfurt am Main ist Initiator des Schweitzer-Jahres, das auch das Anliegen des Arztes und Theologen verstärkt wieder in die öffentliche Aufmerksamkeit rücken soll.

Als Theologe, Philosoph sowie als Orgel- und Musikforscher verfasste Albert Schweitzer wegweisende wissenschaftliche Werke. Angesprochen und berührt hat Albert Schweitzer die Menschen ganz ohne Worte als Organist über die Musik von Johann Sebastian Bach.

Albert Schweitzer’s Orgellehrer Charles-Marie Widor regte ein Buch über Johann Sebastian Bach an, durch das die französische Orgelwelt stärker mit der für Bach grundlegenden protestantischen Kirchenmusik und ihrem Wortbezug vertraut gemacht werden sollte (J. S. Bach, le musicien-poète. Paris u. Leipzig 1905). Widor selbst, Schweitzer freundschaftlich zugetan, verfasste dazu das Vorwort. Er riet auch zu einer deutschen Fassung, woraus durch völlige Neubearbeitung Schweitzers große Bach-Monographie (Johann Sebastian Bach. Leipzig 1908) entstand, ebenfalls mit einem Vorwort Widors versehen. Während die biographischen Details und die Datierung insbesondere der Kantaten inzwischen durch die Bachforschung weitgehend überholt beziehungsweise erweitert worden sind, ist die Bach-Monographie in musikästhetischer Hinsicht nach wie vor ein Standardwerk von großer geistes- und wissenschaftsgeschichtlicher Bedeutung.

Lambaréné-Spital in Gabun, Zentral-Afrika

            100 Jahre „Lambaréné-Spital“ in Gabun, Zentral-Afrika. Gegründet 1913 von Albert Schweitzer.

Auf der Orgel zu predigen, war Albert Schweizers erklärtes Ziel. Lassen wir uns ansprechen von der Musik und von den Texten und Gedanken Albert Schweitzers……..

Eine Aussage von Albert Schweitzer:

„Für Bach verhallen die Klänge nicht, sondern steigen als ein unaussprechliches Loben zu Gott empor. In dem Thomaskantor redet einer der größten Mystiker, die es je gegeben hat, zu den Menschen und führt sie aus dem Lärm in die Stille.“

Umfassende Angaben / Termine zu den Albert Schweitzer-Veranstaltungen in 2013

 >>  h i e r  <<

—————————————————————————————————————————–

Altstädter Nicolaikirche Bielefeld

Altstädter Nicolaikirche Bielefeld

Innerhalb des Albert-Schweitzer-Jubiläumsjahres 2013 fanden zwei beeindruckende Orgelveranstaltungen in OWL – (Ostwestfalen-Lippe) statt, die wir mit Freunden besucht haben und möchte unsere Eindrücke in einem Bericht dazu wiedergeben.

Leider enthielt sich die örtliche Presse mit einer entsprechenden Rezension zu diesen großartigen Konzerten.

Beckerath-Orgel Altstädter Nicolaikirche Bielefeld

Die große Beckerath-Orgel  von 1965 Altstädter Nicolaikirche Bielefeld

Unser erster Besuch galt der Veranstaltung in der Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld am 19. Januar 2013 das im Rahmen der „Albert Schweitzer-Tage 2013“  stattgefunden hatte. Die eingehenden Spenden in den Konzerten gehen an die Albert Schweitzer-Stiftung Lambaréné.

Dieses Benefizkonzert wurde von Prof. Daniel Maurer, Straßburg, Titularorganist an St. Thomas und St. Guillaume, durchgeführt. Alle Vortragenden dieser Konzerte verzichten auf ein Honorar und stellen es der Albert Schweizer-Stiftung (für Lambaréné) selbstlos zur Verfügung.

Zu einer vergrößerten Ansicht bitte in die Bilder klicken !

Albert Schweitzer persönlich gastierte zu zwei Orgel-Konzerten in den 20er Jahren in Bielefeld. Schweitzer gab als Bach-Orgel-Sachverständiger Konzeption und Dispositions-Hinweise zum Neuaufbau der Chor-Orgel  – „Kleine Beckeradt-Orgel“  von 1954 – in der Bielefelder Altstädter Nicolaikirche.

Chor-Orgel - Kleine Beckerath-Orgel Altstädter Nicolaikirche Bielefeld von 1954

Chor-Orgel – Kleine Beckerath-Orgel Altstädter Nicolaikirche Bielefeld von 1954

Die Orgel-Werke und drei Lesungen mit Texten von Albert Schweitzer innerhalb der stattfindenden Lesungs-Pausen ergaben einen gelungen  Rahmen innerhalb des Konzertes. Diese Form wurde von Albert Schweitzer in seinen Orgel-Konzerten gerne praktiziert, um dem Hörer nach erklingen der Orgelwerke eine geistlge Vertiefung des Gehörten zu verinnerlichen.

Als ein kongenialer Partner an der großen Beckerath-Orgel fungierte ein Orgelvirtouse der Extra-Klasse aus Frankreich. Prof. Daniel Maurer erwies sich als ein großartiger Bach-Kenner und machte den Orgelabend zu einem wahren Kunstgenuss.

Toccata und Fuge in d-Moll – (BWV 565) ist wohl das mit Abstand bekannteste Orgelwerk europäischer Kunstmusik. Es wird traditionell Johann Sebastian Bach zugeschrieben, auch wenn dessen Autorschaft gelegentlich angezweifelt wurde. Sehr klar und verbindlich ist Maurers Bach-Exegese im BWV 565 zu spüren. Feurig, fast improvisatorisch klingen die Passagen. Kaum je hat man bei der Passacaglia, die hier gleichsam im Mezzoforte anhebt, die Präsenz des Themas intensiver wahrgenommen. Es wurde zu einem Kunstgenuss, diese sehr bekannte Orgel-Literatur einmal so interpretiert zu hören.

Besonders herausstellen möchte ich noch die Transkription von Daniel Maurer „Choral: Meine Seele erhebet den Herrn“ aus den sechs Schübler-Chorälen, BWV 648 und dem Magnificat“ , BWV 243. Das ging ans Herz, die Registrierung und Innigkeit dieser – Maurer-Eigen-Transkription gelang ihm grandios. Kein Räuspern und Husten fand mehr statt, alles lauschte gebannt dem Vortragenden und der Besucher wurde in eine andere Welt entrückt die mit der Wirklichkeit nichts mehr gemein hatte.

Mir vielen spontan Schweizers Worte ein:

In dem Thomaskantor redet einer der größten Mystiker, die es je gegeben hat, zu den Menschen und führt sie aus dem Lärm in die Stille.“

Ein rasender Schlussapplaus der Besucher dankte einem grandiosen Organisten, der sich nur mit einer Händel-Zugabe in die kalte Nacht verabschieden konnte….

—————————————————————————————————————————-

50. Haller Bach-Tage

St. Johanniskirche Halle (Westf.)

St. Johanniskirche Halle (Westf.)

Der nächste Weg auf „Albert Schweitzers Spuren“ führte uns am 2. Februar 2013 in die St. Johanniskirche, nach Halle (Westfalen) zum 50. Haller-Bachfest: 

„TE DEUM LAUDAMUS – Danke und Lob“

Halle in Westfalen gehört nicht eben zu den großen Kulturmetropolen dieser Welt. Aber, einmal im Jahr blickt die Musikwelt dennoch beneidenswert auf das 21.000-Einwohner-Städtchen in der Nähe von Bielefeld so bezaubernd am Teutoburger Wald gelegen. Der Grund: die Haller Bachtage.

WDR3 zum Nachhören Sendung vom 31.01.2013

>> anklicken >>  50 Jahre Haller Bachtage (31.01.2013) [WDR 3 TonArt]

—————————————————————————————————–

Heintz-Orgel in St. Johannis Halle (Westf.)

Heintz-Orgel in St. Johannis Halle (Westf.)

HISTORISCHES ORGELKONZERT
Samstag, 2. Februar 2013
18:00 Uhr
St. Johanniskirche, Halle Westfalen

Albert Schweitzer in St.Katharinen
am 28. Oktober 1928
Prof. Martin Lücker (Frankfurt am Main), Orgel

In diesem Historischen Orgelkonzert spielte

Prof. Martin Lücker aus Frankfurt, gebürtig aus OWL

das Programm des Konzertes nach, das Albert Schweitzer am 28.Oktober 1928 in der Evang.St.Katharinenkirche in Frankfurt am Main gab. Ab den 20er Jahren hatten ausgedehnte Konzertreisen Albert Schweitzer in viele europäische Städte geführt; für drei von seinen insgesamt sieben Frankfurter Konzerten kam er in die St.Katharinenkirche: am 28. Oktober und 1. November 1928, dann noch einmal am 19. April 1932. In Scharen lauschten die Menschen seinem Spiel, denn sie erwarteten nicht allein einen hervorragenden Orgelspieler zu hören, sondern wollten auch den Mann erleben können, der als Urwald-Doktor zum Symbol gelebter Nächstenliebe geworden war. 

Original-Programm von 1928 - Erstes Orgelkonzert in Frankfurt von Albert Schweitzer

Original-Programm von 1928 – Erstes Orgelkonzert in Frankfurt von Albert Schweitzer. – Wiederholung am 02.02.2013 in St. Johannis Halle (Westf.)

 Zwar wollte Schweitzer mit seinen Konzerten zunächst einmal Geld für sein Spital in Lambarene einspielen, doch über den guten Zweck hinaus verstand er sein Konzertieren als künstlerische Mission an ein breites Publikum, wie der Aufbau seines Konzertprogramms zeigt. Mit Bachs wohl berühmtestem Orgelwerk, der Toccata und Fuge d-moll BWV 565, eröffnet Schweitzer den Abend. Dann folgen vier Choralbearbeitungen, mit denen er sozusagen ein kleines Leben Jesu vorstellt: Advent, Weihnachten, Passion, Abendmahl. (Mit seiner Geschichte der Leben-Jesu-Forschung hatte Schweitzer bald nach der Jahrhundertwende ein wichtigen Beitrag zu einer zentralen Disziplin der evangelischen Theologie geleistet.)

Stets bat Schweitzer einen orstansässigen Chor, zu den erklingenden Choralvorspielen die passenden Bach’schen Choralsätze zu singen, damit deutlich wird, wie nah am Text Bach komponiert. Doch warum platziert Schweitzer zwischen die Choralvorspiele die Fuge A-Dur BWV 536? Ein Blick in Schweitzers Bach-Biographie lehrt: Das Thema dieser Fuge leitet sich ab aus der Kantate BWV 152 „Tritt auf die Glaubensbahn!“ Mit Präludium und Fuge h-moll BWV 544 setzt Schweitzer den Höhepunkt der Bach-Gruppe, aber für den Schluss des Konzertes wählt er die 6.Orgelsonate von Felix Mendelssohn-Bartholdy (Vater unser im Himmelreich) und endet nicht mit triumphaler virtuoser Geste, sondern ganz verinnerlicht.

Das einzigartige Erlebnis, das Schweitzers Konzerte seinerzeit bedeutet haben müssen, lässt sich nicht rekonstruieren, aber durch das Nachspielen dieses Historischen Orgelkonzertes soll ein Mensch geehrt werden, der Musik, Theologie und Humanität auf beispielhafte Weise verbinden durfte.

(Textangaben Programm Haller Bachtage)

————————————————————————–

Für dieses „Historische-Konzert“ von Albert Schweitzer zum Nachspielen von 1928 steht in St. Johannis in Halle (Westf.) die großartige Heintz-Orgel von 1992 zur Verfügung.

Heintz-Orgel von 1992 in St. Johannis Halle Westf.

                                  Heintz-Orgel von 1992 in St. Johannis Halle Westf.

Kurz-Angaben zu der Heintz-Orgel:

Gebaut hat die Orgel die Firma Georges Heintz aus Schiltach im Schwarzwald im elsässischen Stil nach Andreas SilbermannJede Orgel bekommt ihre unverwechselbare äußere Gestalt (Prospekt) und ihr charakteristisches Klangbild (Disposition).

Der Prospekt wurde von Burkhard Goethe entworfen. Die Disposition stammt von KMD Martin Rieker, Georges Heintz (Orgelbau) und Dr. Helmut Fleinghaus. (Dozent HfK Herford) 15 m³ Eichenholz, geschlagen im Kraichgau, 1.200 kg Zinn und 1.500 kg Blei wurden für die Orgel verarbeitet. Insgesamt besitzt sie 2.198 Pfeifen aus Holz und Metall. Die längste Pfeife (Holz) ist 5,10 m lang; die kürzeste (Metall) ist 19 mm lang. 

——————————————————————————————————

Ein Kurz-Ausschnitt als Video von der Heintz-Orgel in St. Johannis, Halle

Link: https://meinhardo.files.wordpress.com/2011/02/84-haller-bachtage-halle-westfalen.mov

—————————————————————————————————–

Ausverkauft ist das Konzert nicht. Aber mehr als 250 Musikfreunde sind in die St. Johanniskirche nach Halle gekommen, wo die Organisatoren zwar nicht die Kirchenbänke verrücken können, aber doch die Bestuhlung seitlich am Altarraum auf die Orgel ausgerichtet haben. Wir setzten uns im Mittelgang auf die erste seitliche Stuhlreihe in der Hoffnung, alles gediegen mitzubekommen. Bei der wörtlichen Einleitung zum „Historischen Programm von 1928“ durch Martin Lücker verstanden wir trotz der Nähe zu ihm kein Wort, die Lautsprecher waren auf den Kirchenraum (Mittelschiff) ausgerichtet und das Seitenschiff blieb unbeschallt ein absoluter Fauxpas des Veranstalters hier müsste unbedingt Abhilfe geschaffen werden oder die Stuhlreihen entfallen in Zukunft….!!

Für das eigentliche Orgel-Konzert erwiesen sich die Plätze als gut geeignet. Mit  der Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 von Johann Sebastian Bach, das wohl bekannteste Orgelwerk des Komponisten. begann das „Historische-Konzert von 1928“. Martin Lücker bot eine in sich stimmige Interpretation die zu gefallen wusste. Im Unterbewusstsein war mir noch die grandiose Wiedergabe in Bielefeld von Daniel Maurer im Gedächtnis haften geblieben, die unzweifelhaft etwas Einmaliges gewesen war.

Fantastisch erklangen im Anschluss die vier Choral-Vorspiele von J.S. Bach. Hier spürte man es recht deutlich, das war die Welt, wo sich der Organist zuhause fühlt. Wunderschön registriert in ruhiger Manier gespielt, war es ein Hochgenuss, Lücker in seinem innigen Vortrag zu folgen. Als ein zusätzlich bewegender Moment erwiesen sich die gesungenen Choräle zur Verinnerlichung des zuvor Gehörten. Das war ganz im Sinne von Albert Schweitzer und wurde von dem prächtig singenden Chor großartig umgesetzt. Diese Ausführungsform habe ich in einem Orgel-Konzert noch nie erleben dürfen und würde den zukünftigen Aufführenden sehr ans Herz legen, diese Idee von Schweitzer wieder aufleben zu lassen.

Mit Präludium und Fuge h-Moll BWV 544 stand ein weiteres Orgelwerk von Bach auf dem Programm, ehe Felix Mendelssohn-Bartholdys Sonate d-Moll op. 65, Nr 6 den Abschluss bildete. Diesem Werk wurde Lücker ebenso gerecht wie der Musik Bachs. Es strahlt eine große Spiritualität aus, die der Organist wunderbar interpretierte. Sowohl Martin Lücker als auch das Vokalensemble boten eine hervorragende Gesamt-Leistung an diesem außergewöhnlichen Konzert-Abend.

Gerne wären wir dem 50. Haller Bachfest weiter gefolgt, German-Brass, Dorothee Mields, Knabenchor Hannover u,v,a, Interpreten geben sich in Halle die Klinke in die Hand aber der Zuspruch ist so immens, das an Karten so gut wie nicht mehr heranzukommen ist.

Ein Historisches Video mit Albert Schweitzer an der Orgel:

—————————————————————————

Grüße

Volker